Die Bremsen am Saporoshez 966/968
Das hydraulisch
betätigte Hauptbremssystem des Saporoshez ist bis Baujahr 1973 als
Einkreisbremssystem ausgelegt, ab Baujahr 1974 (Einbau eines
Tandem-Hauptbremszylinders) als Zweikreissystem.
Beim
Zweikreissystem
sind am ersten Kreis die Vorderräder und am zweiten Kreis die
Hinterräder angeschlossen. Im Fall eines plötzlichen Defektes an einem
Bremskreis (Bremsschlauch oder Leitung geplatzt) kann durch den noch
intakten Bremskreis das Fahrzeug abgebremst werden. Das Bremspedal läßt
sich in einem solchen Fall weiter durchtreten. Die Bremsverzögerung
verringert sich natürlich. Die mechanisch betätigte Feststellbremse
(Handbremse) dient zum Abbremsen des geparkten Fahrzeuges. (Sie kann
bei einem Defekt am Hauptbremszylinder freilich auch zusätzlich zum
Abbremsen des Fahrzeuges eingesetzt werden.)
Vorn Duplex, hinten Simplex
Bei der alten Ausführung (Einkreissystem) werden von der einen Kammer
des Hauptbremszylinders alle vier Radbremsen betätigt, bei der neuen
Ausführung gehen von der ersten Kammer je eine Bremsleitung zu den
Vorderradbremsen und von der zweiten Kammer eine Bremsleitung zu den
Hinterradbremsen. Der Bremsflüssigkeitsbehälter hat bei der neuen
Ausführung innen eine Trennwand, wodurch zwei Kammern entstanden. Aus
jeder Kammer führt jeweils ein Verbindungsschlauch zu den Kammern des
Hauptbremszylinders.
Die Vorderradbremse
des Saporoshez ist als Duplex-Trommelbremse ausgelegt (Bild
1). Das Bremsschild (1). am
Achsschenkel befestigt, dient zur Aufnahme der Radbremszylinder (2),
der Bremsbacken (3) und der Zug- und Druckfedern (4/5).
Die Bremstrommel
aus Temperguß (Bild
2/1) bildet mit der
Radnabe eine Einheit.
Die Hinterradbremse
ist eine Simplex-Trommelbremse (Bild
3).
In dem am Bremsschild (1) angebauten Radbremszylinder (2) sind zwei
Kolben eingebaut, die die Bremsbacken betätigen. Bremsbacken (3), Zug-
und Druckfedern (4/5) sind die gleichen wie in der Vorderradbremse. Die
Radbremszylinder der Vorder- und Hinterradbremsen haben Einrichtungen
zur selbständigen Nachstellung der Bremsbacken.
Bremse prüfen
Die beim kräftigen Durchtreten erreichte Pedalstellung soll etwa zwei
Minuten gehalten werden, ohne daß sich die Pedalstellung dabei
verändert. Dann ist die Bremsanlage dicht. Der Weg bis zum Druckpunkt
soll nicht größer als 1/3 des Pedalgesamtweges sein. Wird der
Druckpunkt erst nach größerem Pedalweg erreicht, tritt aber bei
mehrmaligem Durchtreten eine Verkürzung des Weges ein, befindet sich
Luft in der hydraulischen Anlage. In diesem Fall ist das Entlüften der
Bremsanlage erforderlich. Bremsproben sind unter Beachtung des übrigen
Verkehrs so durchzuführen, daß man kurz anfährt, das Fahrzeug abbremst
und dabei auf gleichmäßiges Abbremsen aller vier Räder achtet. Der
Wagen muß in der Spur bleiben. In der Straßenverkehrszulassungsordnung
(§ 47) werden die genauen Prüfbedingungen und geforderten Bremswerte
festgehalten. Auf einer ebenen, trockenen und normal griffigen Fahrbahn
sollen aus einer Geschwindigkeit von 30 km/h heraus mit der Fußbremse
6,9 m und mit der Handbremse 11,3 m Bremsweg erreicht werden.
Kontrolle der Vorderradbremsen
Die Bremsbeläge am Saporoshez erfüllen ihre Aufgabe je nach
Einsatzbedingungen und Fahrweise auf einer Gesamtfahrstrecke von 30.000
bis 50.000 km. Ungefähr nach 30.000 km verschlechtert sich meist die
Bremswirkung durch Verhärten des Bremsbelages. Es ist ratsam, aus
diesem Grunde die Bremsbeläge zu wechseln, auch wenn der maximal
zulässige Verschleiß noch nicht eingetreten ist. Kontrolliert werden
sollte die Vorderradbremse alle 10.000 km. Arbeiten an der
Vorderradbremse sind nur noch Abnahme des Vorderrades und der
Bremstrommel möglich. Dazu ist das Fahrzeug gegen Wegrollen zu sichern,
vorn anzuheben und aufzubocken. Nach Abnahme der Zierkappe und des
Vorderrades wird die Fettkappe (Bild
2/2) abgedrückt
und die freiwerdene Radnabenmutter (SW 24) entsplintet und abgedreht.
Die Bremstrommel mit Radnabe (als Einheit) läßt sich nun unter leichtem
Druck oder Schlag abnehmen. Sollte das nicht möglich sein, wird mit dem
Hammer und einem Holzstück auf den Außendurchmesser der Bremstrommel in
senkrechter Richtung geschlagen. Dabei wird die Selbstnachstellung im
Radbremszylinder überbrückt, und die Bremsbacken werden um einen
geringen Betrag noch innen gedrückt.
Danach läßt sich
die Bremstrommel abziehen. Alle Bauteile der nun gut zugänglichen
Vorderradbremse werden überprüft. Ausgetretene Bremsflüssigkeit — auch
nur Spuren davon — deutet immer auf eine Undichtheit hin, deren Ursache
zu ermitteln ist. An beiden Radbremszylindern wird die Staubmanschette (Bild
1/6) abgezogen. Falls dabei
Bremsflüssigkeit herausläuft, ist der entsprechende Radbremszylinder
undicht. Der Mangel muß unbedingt beseitigt werden. Eventuell bereits
verölte Bremsbeläge sind auszutauschen. Neuer Bremsbelag hat eine Dicke
von 4 mm. Ab 2 mm Belagdicke sollen die Bremsbacken getauscht werden.
Der gute Sitz der Zug- und Druckfedern ist zu prüfen. Sollte die
Bremsfläche der Bremstrommel starke Riefen aufweisen, so muß die
Trommel gegebenenfalls überdreht werden (Fachwerkstatt konsultieren!)
Instandsetzung
Mit Hilfe eines
spitzen Stahlstiftes oder Schraubenziehers werden zunächst beide
Zugfedern (Bild
1/5) ausgehangen, die
Enden der Druckfedern (4) angehoben und die Bremsbacken herausgenommen.
Am undichten Radbremszylinder wird die Staubmanschette entfernt und der
Kolben am Auflagestift mit einem Schraubendreher (Drehrichtung links)
herausgedreht. Dann wird der Zustand der Zylinderfläche geprüft. Es
dürfen keine Riefen oder Unsauberkeiten zu entdecken sein, sonst ist
der Radbremszylinder komplett zu tauschen.
Ist die Zylinderwandung in
Ordnung, wird die Ringmanschette (Bild
5/4)
vom Kolben (3) abgenommen. Alle Teile sind mit Spiritus oder
Bremsflüssigkeit zu reinigen, danach wird eine neue Ringmanschette
(Außendurchmesser 23,4 mm) aufgesetzt. Der Kolben ist im Zylinder bis
zum Anschlag zu drehen und danach wieder eine halbe Umdrehung zu lösen,
bis der Schlitz im Auflageschaft (5) parallel zum Bremsschild steht.
Werden neue Bremsbacken aufgebaut, so muß der Kolben mit einem
Kupferdorn so weit hineingeschlagen werden, bis er (wie in Bild 5
angegeben) 5,5 mm von der Kante des Zylinders noch innen sitzt. Das
Hineinschlagen bewirkt, daß der Kolben den vorgespannten Schlitzring
(6) nach innen drückt. Schlitzring und Kolben sind für die
Selbstnachstellung der Bremsbacken verantwortlich.
Das funktioniert so:
Durch den Druck der Bremsflüssigkeit wird der Kolben nach außen
gedrückt. Das Gewindestück am Kolbenende sitzt im Schlitzring und zieht
diesen mit nach außen. Beim Lösen der Bremse bleibt der Schlitzring auf
Grund seiner Vorspannung in dieser Stellung, der Kolben aber wird durch
die Rückzugfeder der Bremsbacke um den Betrag des Gewindespiels
zurückgezogen. (Entsprechend seiner Einstellung beim Einbau, d. h. des
um eine halbe Umdrehung gelösten Gewindes.) Wird die Stellung des
Schlitzringes und somit des Kolbens bei Instandsetzungsarbeiten
verändert, muß vor dem Losfahren mit dem Fahrzeug das Bremspedal
unbedingt drei- bis fünfmal kräftig durchgetreten werden. Dadurch wird
die selbstnachstellende Wirkung im Radbremszylinder erreicht.
Beim Wiedereinbau der Bremsbacken (umgekehrte Reihenfolge der
Handgriffe) ist an die Anlagepunkte der Druckfedern und des
Abstandsstiftes etwas Fett zu geben, um einem eventuellen Quietschen
beim Treten der Bremse vorzubeugen. Beim Austausch von Bremsbacken ist
darauf zu achten, daß grundsätzlich auf beiden Seiten gleiche
Bremsbacken eingesetzt werden. Ungleiche Belagqualität kann zu
unterschiedlich starker Bremswirkung der Räder führen, wodurch das
Fahrzeug leicht aus der Spur gerät. Zur Verfügung stehen neue und
regenerierte Bremsbacken. In beiden Fällen ist der Bremsbelag
aufgeklebt. Selbsthilfe durch Aufnieten von Bremsbelag ist nicht
möglich. Vor dem Aufsetzen der Bremstrommel ist gleich noch zu prüfen,
ob das Vorderradlager mit Fett versorgt ist (erforderlichenfalls
erneuern oder ergänzen). Dann wird die Bremstrommel aufgesetzt. Die
Vorderradlager werden durch Aufsetzen der Anlaufscheibe und Aufdrehen
der Einstellmutter geholten. Zuletzt ist das Vorderrad zu montieren.
Für die Einstellung der
Vorderradlager sind folgende Arbeitsgänge notwendig:
— Einstellmutter bei gleichzeitigem Drehen des Rades anziehen,
bis sich das Rad schwer drehen läßt,
— Einstellmutter lösen, bis Axialspiel an den Radlagern auftritt
(Rad in axialer Richtung bewegen, ob Spiel
vorhanden)
— Einstellmutter bei drehendem Rad erneut anziehen, bis das Axialspiel
wieder verschwindet
— Mutter lösen, bis geringes Axialspiel vorhanden ist, und zwar nur so
weit,
bis die nächsten Nuten der Einstellmutter mit der
Bohrung im Achsstumpf übereinstimmen
— Mutter versplinten (Splint Ø 4 mm),
Schmierfett in Fettkappe erneuern und diese auf
Radnabe aufschlagen.
Die Vorderradlager sollen nach der geschilderten Technologie, aber auch
mit einer guten Portion Gefühl eingestellt werden. Eine zu straffe
Einstellung zerstört nämlich die Radlager, während ein übermäßiges
Radlagerspiel zu Klappergeräuschen im Bereich der Vorderräder führt.